Aus dem Blickwinkel von Männern und Vätern
Der Psychologe Björn Süfke endet seinen in 2010 erschienen psychologischen Reiseführer „Männerseelen“ mit einem Ausblick auf die notwendigen gesellschaftlichen Veränderungen. Er prangert “die schlechtere Bezahlung von Frauen ... [und] die generelle Geringschätzung männlicher Kinderfürsorge“ an.
Tatsächlich ist es für Männer im Alltag schwerer als für Frauen, als vollwertiger Elternteil anerkannt zu werden. Dies fängt in Aushandlungsprozessen auf der Paarebene an und setzt sich über Elternversammlungen und informelle Netzwerke bis über die Vereinbarkeit von Beruf und Familie fort.
Die Vorurteile gegen männliche Sorgearbeit werden dabei sowohl von Frauen als Männern transportiert; für einige Väter dienen sie sicher auch als Vorwand, um sich aus der Kindssorge herauszuhalten.Während die Geringschätzung väterlicher Sorge im Alltag ärgerlich bis zermürbend ist, wird es für diejenigen Väter, die nach einer Trennung vor dem Familiengericht landen tatsächlich bedrohlich. Mit der Materie befasste Juristen gehen davon aus, dass im Streitfall die Hauptsorge in 95 – 97% der Fälle den Müttern zugesprochen wird. Bei der Betrachtung der Sorgerechtsstatistik fällt auf, dass Inobhutnahmen von Kindern somit immer noch wahrscheinlicher sind, als dass das Sorgerecht auf den Vater übertragen wird. Konsequenterweise verbleibt bei einer steigenden Zahl von Sorgerechts- und Umgangsverfahren der Anteil der sogenannten alleinerziehenden Väter bei rund zehn Prozent. Da im deutschen Familienrecht – um eindeutige Zuständigkeiten zu schaffen – eine klare Hierarchie zwischen Hautsorgeberechtigtem und Umgangsberechtigtem Elternteil vorgesehen ist, sind nach einer Trennung viele Väter für die tatsächliche Sorgeausübung von der Zustimmung und dem guten Willen der Mütter abhängig.
Vor dem Hintergrund dieser gesellschaftlichen Realität ist es unlauter, von Männern ein stärkeres Engagement in der Familie zu fordern. Sie dürfen damit rechnen, dass sie im Zweifelsfall auf ihre Rolle als Familienernährer reduziert werden; und zwar über die sog. erhöhte Erwerbsobliegenheit ziemlich konsequent. Für einen Vater ist die Rolle als Umsorger und Erziehungsperson damit eher optional. Sie erfolgt lediglich zusätzlich zu der Hauptfunktion als Ernährer. Füllt ein Vater die Hauptfunktion nicht mehr adäquat aus, eskaliert häufig der Elternkonflikt, die optionale Sorge wird eingeschränkt bzw. beendet. Daher ist es für einen Vater ein großes Wagnis, die Ernährerrolle zugunsten eines größeren zeitlichen Engagements in der Familie einzuschränken. Dies gilt umso mehr, je geringer die Qualifikation und der Verdienst des Mannes ist.